Das Sterben der Tortenmessen

  • Ein paar Tage bevor das Tortenjahr 2020 mit der ‚My Cake‘ startete, gab es ein kleines Beben in der Tortenszene. Gleich zwei beliebte Messen verkündeten das AUS: Zum einen die seit 2017 durchgeführte ‚Tortenmesse Hamburg‘ und zum anderen die älteste niederländische Messe, die ‚Tarts en Trends‘ nach 13 Jahren.


    Auf der MyCake hatte ich die Gelegenheit mich mit Katja Kruse über die Absage der Tortenmesse Hamburg zu unterhalten. Katja Kruse zeichnete bei dieser Messe für die Organisation des Tortenwettbewerbs verantwortlich. Neben der Orga des Wettbewerbs dürfte sie aber vielen als Gründerin und Organisatorin der ersten deutschen Messe rund um Motivtorten, der ‚Tortenshow‘ in Hamburg (2009 bis 2014) bekannt sein.


    Der Norden Deutschlands hat aus Motivtortensicht viele weiße Flecken. Kaum Fachgeschäfte, wenig Kursangebote und bis auf die Messe in Hamburg keinerlei Großveranstaltung zu dieser Thematik, obwohl die Fangemeinde riesig ist. Wie kommt es also, dass im 4. Jahr die Tortenmesse das Handtuch geworfen hat?


    Mittlerweile ist das Thema Backen/Motivtorten weit verbreitet im TV und im Supermarkt fest verankert. In den ersten Jahren gab es eine kleine Wachstumskurve nach oben, als das Thema aus der Nische heraustrat. Und dann gab es 2014 auf einmal 7 Tortenmessen in Deutschland, weil viele auf den Zug aufspringen wollten. Leider ging das bei einigen gründlich schief. Was viele nicht bedacht hatten war, dass die Zielgruppe nicht weiter wuchs und sich nun auf viele kleine Messen verteilte. Und einige unprofessionelle Veranstalter machten mit Dumpingpreisen den Markt für die reellen Veranstalter ungleich schwerer.


    Der Messemarkt bereinigte sich zwar in den vergangenen Jahren, aber ein Rückgang bei den Besucherzahlen und Umsätzen war schon zu vermerken. Als die Tortenshow 2015 ihre Türen schloss, füllte ab 2017 die Tortenmesse Hamburg diese Lücke im Norden. Doch wenn man als professioneller Messeveranstalter agiert, muß man auch die Zahlen im Blick behalten und darf sich nicht nur von den tollen Schaustücken und den netten Besuchern leiten lassen.


    Heute hat der Markt sich beruhigt und wächst nicht mehr. Die „Hobbyistin“ bekommt alles an Zubehör zur Tortendekoration im Supermarkt oder online, alles ist immer verfügbar. Das macht es ungleich schwerer, eine für Aussteller und Besucher attraktive Messe auf die Beine zu stellen.


    Das Team der Tortenmesse Hamburg muss bei der Durchführung dieser Publikumsmesse auf vieles achten. Die Bedürfnisse von Besuchern, Ausstellern und Veranstalter wollen erfüllt werden. Damit für alle 3 Gruppe die Messe attraktiv ist, braucht es verschiedene Komponenten, die nicht einfach umzusetzen sind:


    • Für die Besucher muss eine gute Anzahl von Schaustücken beim Wettbewerb zum Bestaunen vorhanden sein. Das war in diesem Jahr nicht gegeben. Zwei Tage vor Anmeldeschluss lagen keine 20 Teilnahmezusagen vor. Als die Absage verkündet wurde, haben zwar viele noch angeboten am Wettbewerb teilzunehmen, aber das hätte es nicht mehr rausgerissen (Zum Vergleich: auf der MyCake waren knapp 100 Exponate im Wettbewerb).
    • Neben dem Wettbewerb erwartet der Besucher einen guten Ausstellermix und natürlich am liebsten Neuheiten und Produkte, die er sonst nicht überall findet. Außerdem möchte er gerne ein Schnäppchen machen und hofft auf die legendären „Messepreise“.
    • Die Bereitschaft von Firmen / Händlern auf Messen zu gehen ist nicht mehr so groß wie in den vergangen Jahren. Es steckt ein enormer zeitlicher, logistischer und finanzieller Aufwand dahinter. Eine Messeteilnahme muss auch für den Händler attraktiv sein, damit sich für ihn der Aufwand lohnt. Mit anderen Worten, der Umsatz muss stimmen
    • Das Veranstaltungsdatum ist auch so eine Sache. Den „richtigen“ Tag für alle trifft man nie. Die Tortenmesse hatte nach der Messeende 2019 gleich die neuen Daten für 2020 und 2021 bekanntgeben. Damit sollten die Besucher und die Händler gleich eingeworben werden. Zudem war es aber auch ein Signal an die anderen Messeveranstalter bundesweit. Das hat in 2020 nur bedingt geklappt.
      Man geht natürlich nicht davon aus, dass die Besucher jedes Wochenende zu einer Messe im gesamten Bundesgebiet reisen. Die Händler hingegen tun es. Wenn also nun an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden Veranstaltungen stattfinden, ist leider die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Aussteller nicht an beiden Messen teilnehmen.
    • Der Messe-Veranstalter geht bei Planung und Durchführung einer Messe ein großes Kostenrisiko ein. Einnahmen erzielt er durch Standvermietung, Eintrittskartenverkäufe, angebotene Workshops und den Tortenwettbewerb. Wobei die letzten zwei Positionen keinen Gewinn abwerfen. Sie dienen nur zur Deckung von Material-/Dozentenkosten.


    Geht also die Vermietung und der Vorverkauf für Eintrittskarten schlecht, muss er sich überlegen, ob eine Absage nicht aus wirtschaftlichen Gründen die bessere Wahl ist. So hart das für alle Beteiligten ist! Die MesseHalle Hamburg-Schnelsen hat sich diesen Schritt auch nicht leicht gemacht. Hamburg war schließlich die Keimzelle aller Tortenmessen im deutschsprachigen Raum, als das Thema Tortendekoration und Motivtorten noch nicht in aller Munde war.